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Andre Schmidt – Werkschau

grafikartig.de – Malerei, Druckgrafik, Fotografie

Fotografie als ethische Skizze – Das fotografische Werk von Andre Schmidt

Zwischen dokumentarischem Blick, Bildvorlage und stillem Widerstand.

Die Fotografie war für Andre Schmidt nie bloß Medium, sondern früh ein Gegenstand des Studiums. Aufgewachsen mit einem Vater, der als finanzstarker Hobbyfotograf Zugang zu hochwertigem Kamera-Equipment hatte, erhielt Schmidt schon als Kind Spiegelreflexkameras von Porst und Nikon in die Hand gedrückt – jedoch nicht zur Selbstverwirklichung, sondern zur Beobachtung. „Ich habe lange gar nicht aktiv fotografiert“, sagt er, „sondern erst einmal alles aufgenommen – wie mein Vater arbeitet, wie er denkt, wie er inszeniert.“

Bereits in der Schulzeit erhielt Schmidt Zugang zu einem Schwarzweiß-Labor, in dem er eigene Abzüge entwickeln konnte. Das technische Wissen kam früh, ebenso die Erkenntnis, dass analoge Prozesse in der digitalen Welt übertragbar sind. Bereits 1995 digitalisierte er analoge Fotos per Scanner – ein früher Zugang zur Bildbearbeitung, lange bevor Photoshop allgemein verfügbar war.

Skizze, Studie, Ausdruck

Trotz dieser Grundlagen sieht sich Schmidt nie als reinen Fotografen. Für ihn ist Fotografie oft eine Skizze, ein visuelles Notizbuch, ein Entwurf für spätere malerische Arbeiten. Besonders in seiner Naturfotografie lässt sich dieser Übergang spüren: Makro- oder Teleaufnahmen von Tieren, Strukturen oder Lichtsituationen, die wie Ausschnitte aus einem größeren Zusammenhang wirken. „Fotografie ist für mich manchmal auch Malerei mit Licht“, sagt er – aber sie wird dann eigenständig, wenn sie das dokumentiert, was sich der Malerei entzieht: Bewegung, Zufall, Begegnung.

So versteht sich seine fotografische Arbeit als Ergänzung zur Malerei, aber nicht als bloße Vorlage. Es sind unterschiedliche Modi des Sehens – mit gemeinsamen ethischen Grundlagen.

Der Blick auf das Leid

„Ich wär gerne mehr Kriegsfotograf beim Leid der Tiere – aber ich verpack’s nicht“, sagt Schmidt. Der Satz offenbart viel über den inneren Konflikt, den seine ethisch motivierte Fotografie in sich trägt. Der Wunsch, Gewalt zu dokumentieren, steht der eigenen Verletzlichkeit gegenüber. Doch gerade diese Spannung macht Schmidts fotografische Haltung so eindrücklich: Er will hinsehen – aber nicht instrumentalisieren.

Auch wenn er bislang keine konsistenten fotografischen Serien veröffentlicht hat, findet sich auf seinem Account @kunstundkulturkomitee eine vielfältige Sammlung: dokumentarische Aufnahmen aus dem Aktivismus, Makrostudien aus der Natur, Porträts mit beiläufiger Intimität – ein fragmentarisches, aber ernsthaftes Werk im Werden.

Zukünftiger Fokus: Street Photography

Schmidt sieht sich aktuell auf dem Weg zur Street Photography. Menschen zu fotografieren, war für ihn lange eine stille Sehnsucht – nun wird sie konkret. Sein Interesse gilt dabei nicht der Spektakularität, sondern dem Zwischenmoment, der sozialen Textur, der Berührung ohne Pose.

„Ich hab bisher zu wenig seriell gearbeitet“, sagt er selbstkritisch. Doch genau das macht den Reiz seines fotografischen Archivs aus: Es ist nicht konzeptuell überformt, sondern eine Art fortlaufender Beobachtungsprozess – offen, verletzlich, fragmentarisch. Und genau darin liegt seine Kraft.